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  • AutorenbildAnne Amaru

Ernährung in Peru

Aktualisiert: 10. März 2023

Unterernährung und Fettleibigkeit - Wie passt das zusammen?

Dank seiner klimatischen und geografischen Bedingungen ist Peru eines der Länder mit der größten biologischen Vielfalt auf unserem Planeten. Peru besitzt 11 natürliche Öko-Regionen, 84 der 117 anerkannten Lebenszonen der Welt und hat mit rund 25.000 Arten eine enorme Artenvielfalt der Flora, dies macht 10% der Weltgesamtmenge aus.

Daraus lässt sich schließen, das das Essen in Peru eines der gesündesten ist. Frische Zutaten stehen für die sofortige Zubereitung zur Verfügung, Obst muss nicht ungereift aus anderen Ländern importiert werden, wie im Schlaraffenland könnten wir direkt vom Baum essen.

Die peruanische Speisekammer ist gefüllt mit Superfoods
Straßenverkäufer Fruchtvariationen
Straßenverkäufer

Viele davon, dazu gehört auch die Kartoffel, hatte die Welt schon lange zuvor erobert, andere Superfoods werden gerade erst wieder oder neu entdeckt: Getreide wie Quinoa oder Amarant (Kiwicha), Cañihua, ein weiteres Korn aus den Anden mit einem noch höheren Nährwert; dazu kommen bekannte und weniger bekannte Früchte wie die Physalis peruviana, die Vitamin-C-Bombe Camu Camu, Lucuma, Maca, Yacón, Paranuesse ("Castañas"), Johannisbrot ("Algarrobos"), Sacha Inchi, Cusco-Mais, lila Mais, Mangos, Trauben, Mandarinen, Blaubeeren, Spargel, Brokkoli, Avocados, Granatäpfel, Kakao und Schokolade.


Eine beeindruckende Liste, die Restaurants bzw. Köche hierzulande inspiriert neue leckere Gerichte zu kreieren und Peru damit kulinarisch in den Focus zu rücken.

Dabei verwendet man für das frische peruanische Essen in der Regel keine Konservierungsstoffe oder künstliche Farbstoffe. Das Gelb des „Papa a la Huancaína“und der „Causa“; das Grün des "Ocopa", der "Tallarines Verdes" (Grüne Nudeln); das rote "Chupe"; die lila Sauce des "Pulpo al Olivo", das Purpur der Chicha Morada sind alles natürliche Farben aus den Inhaltsstoffen der Pflanzen.


Wer gerne mehr über die "Peruanische Gastronomie von der Küste über die Anden bis zum Amazonas" lesen möchte, dem empfehle ich den sehr informativen und gut geschriebenen Artikel "Peruanische Gastronomie" auf der Seite von Phima Peru.

Warum leiden dennoch immer noch so viele peruanische Kinder unter fünf Jahren an Unterernährung oder Blutarmut (Eisenmangelanämie)?

In Gebieten mit der größten Agro-Biodiversität Perus finden sich die höchsten Raten von Anämie und Unterernährung bei Kindern. Die 2018 von der INEI (Nationales Institut für Statistik und Informatik) durchgeführte demografische Umfrage ENDES ergab, das in Peru noch immer 12,2% der Mädchen und Jungen unter fünf Jahren von chronischer Unterernährung betroffen waren. Die höchsten Raten fanden sich in Huancavelica (32,0%), Cajamarca (27,4%), Huánuco (22,4%), im Amazonas (20,4%), in Ayacucho (20,2%) und Apurímac (20,1%) sowie Loreto (20,0%). Dabei waren 43,5% der Mädchen und Jungen zwischen 6 und 35 Monaten von Eisenmangelanämie betroffen.


Die Lebensmittel, die die peruanischen Städte ernähren, kommen aus dem Hochland von Cusco, aus Huánuco und San Damián in Lima. Kleinbauern schaffen es, mehr als 600 Kartoffelarten und Dutzende von Maissorten zu erhalten. Aber weil ihre Eltern die frischen und gesunden Lebensmittel aus eigenem Anbau an städtische Märkte verkaufen müssen, um überleben zu können, müssen ihre Kinder oft vergleichsweise minderwertige Lebensmittel essen.


Aufgrund der großen Entfernungen zwischen den Dörfern und Städten entstehen hohe Transportkosten, die sich viele Bauern nicht leisten können, Zwischenhändler zahlen niedrige Preise, Klimaveränderungen bedingen sowohl Trockenheit als auch starke Regenfälle, die die Ernten gefährden, ebenfalls bedrohen Schädlinge und Krankheiten die Pflanzenkulturen.

Als wir vor über 10 Jahren begannen mit Kleinbauern zu arbeiten, hatten wir immer versucht die Familien davon zu überzeugen, das sie weiterhin einen ausreichenden Teil ihrer Äcker für den Anbau von Lebensmittel für den Eigenbedarf bewirtschaften. Schaut man in die ländliche Umgebung, stellt sich eine eigentlich fast immer das gleiche Bild dar: Bauernhäuser aus Lehm gebaut, umgeben von kleinen Feldern mit Mais, Erbsen oder Kartoffeln. "Der gute alte Schrebergarten", wie wir ihn kennen, in dem man Obst, Salate, Möhren, Kräuter für sich anbaut ist eher die Ausnahme.


Fehlende Bildung als Ursache von Mangelernährung

Fehlen tut das Wissen über die Inhaltsstoffe der einzelnen Lebensmittel und um deren gesunde Zubereitung


Wie viele von uns Europäer beschäftigen sich fast täglich mit der Ernährung; wir suchen nach der richtigen Diätform, die uns in Zeitschriften und Artikeln regelmäßig "aufgetischt" werden, der Verkauf von Büchern, Programmen, Apps uvm. über das Thema boomt. Wir können uns diese Informationen förmlich mit Leichtigkeit "einverleiben".

Hier ist dies nicht so selbstverständlich. So erlebte ich z. B. wie junge Frauen bei den Vorstellungsgesprächen für den Beruf Lebensmittel-Techniker/innen auf die Frage, warum sie dieses Berufsbild studieren wollten, antworteten, das sie etwas über gesunde Ernährung lernen wollten, um ihre Kinder und sich selber besser zu ernähren. Desweiteren lässt ihre kleine Weltsicht sie darauf hoffen, dieses Wissen später auch in der Art nutzen zu können, das sie z. B. Milchprodukte, Joghurt und Käse oder Kuchen und Torten für den Weiterverkauf herstellen und damit der Traum vom Aufbau eines kleinen Geschäftes in ihrem Dorf in Erfüllung gehen könnte.

Die peruanischen Frauen auf dem Land hatten mich auch wiederholt gefragt, ob ich nicht Kochkurse für sie veranstalten könnte...Wir hatten es auch ein paar Mal ausprobiert, aber bei der Wahl der Rezepte war ich mir oft unsicher, ob sie es überhaupt nachkochen könnten, denn in ihrer Küche fand ich nur einfachste Zutaten und wenige Gewürze. Salz, Pfeffer, Oregano, Koriander, Petersilie. Andere Kräuter für die Küche sind weniger bekannt, ganz zu schweigen von Paprika, Curry oder Gewürzmischungen, die für uns zum Kochalltag gehören.

Zum Braten von Fleisch wird viel billiges Speiseöl benutzt, gesunde Öle wie Olivenöl sind auch viel zu teuer. Und obwohl es auf dem Markt um die Ecke in meinen Augen so wunderbare, frische Obst- und Gemüsesorten gibt, wissen die Wenigsten richtig viel damit anzufangen. Als Salatbeilage gibt es meistens eine Mischung aus geraspeltem grünen Salat mit Weißkohl, Möhren und Zitronensaft. Essig schmeckt den meisten gar nicht und Joghurt gehört nicht in den Salat, den bekommt man auch fast nur gesüßt zu kaufen.


Es gibt täglich eine Suppe als Vorspeise, die mit kohlenhydratreichen Lebensmitteln wie Kartoffeln oder Nudeln und etwas Gemüse zubereitet wird. Daher bin meistens schon vor dem Hauptgericht satt, das immer aus Reis, manchmal auch mit einer Beilage aus Kartoffeln oder wechselnden Hülsenfrüchten besteht: Gekochte Bohnen, Erbsen, Mais. Dazu gibt es ein Stückchen gebratenes Fleisch, seltener Fisch. Man reicht dazu eine sehr scharfe Soße aus Peperoni (Aji) und aufgeschnittene Limonen.

Wenn die Anämie nicht kontrolliert wird, entwickeln die betroffenen Kinder zukünftig keine optimalen kognitiven Fähigkeiten bzw. nicht das Niveau, was sie für den Eintritt in den Arbeitsmarkt benötigen

In den letzten zehn Jahren hat Peru im Kampf gegen chronische Unterernährung bei Kindern große Fortschritte gemacht, dennoch sind die Zahlen immer noch besorgniserregend. Oft haben die Mütter, die Kinder gebären selbst Eisenmangel und können die Kinder daher nicht stillen. Daher entwickeln Köche Rezeptideen, die schmackhaft und nahrhaft sind, wie der kleine "Blutburger mit Quinoa" und empfehlen mit Hühnerblut zu kochen, da es sich um eine eisenreiche Zutat handele, die für den einfachen Peruaner auf dem Lande erschwinglich sei.

Qali Warma 2021

Qali Warma ist zunächst einmal Quechua (indigene Sprache Südamerikas) und bedeutet "kräftiger Junge" oder "kräftiges Mädchen".

Das seit 2012 bestehende nationale Qali Warma-Programm hatte es sich zur Aufgabe gemacht, den Kindern in den öffentlichen Bildungseinrichtungen in den ländlichen Gegenden dauerhaft mit guter Nahrung zu versorgen und damit die Essgewohnheiten der Jungen und Mädchen zu verbessern.


UNICEF und das Welternährungsprogramm machen auf die Ernährungskrise aufmerksam, die der Verlust von mehr als 39 Milliarden Schulmahlzeiten in ähnlichen Programmen seit Beginn der Pandemie weltweit nach sich zieht.


„Wir müssen den Regierungen helfen, die Schulen wieder zu eröffnen, damit die Kinder weiter ernährt werden. Für viele ist das nahrhafte Essen, das sie in der Schule erhalten, das einzige, das sie den ganzen Tag essen. "


Während der Pandemie hilft Qali Warma in Peru 158.730 besonders stark betroffenen und schutzbedürftigen Menschen in den Metropolen Lima und Callao, indigenen Gemeinschaften und Distrikten in den Provinzen, mit der Abgabe von 476.190 Canastas (Körben) mit Grundnahrungsmitteln.

Programa JUNTOS

Hat das Programm "JUNTOS" (Übersetzt "Gemeinsam"), das seit 2003 bzw. 2005 besteht, zu einer Verbesserung geführt?

"JUNTOS" hilft den Familien der ländlichen Bevölkerung mit der Zahlung von 100 Soles pro Monat bzw. 200 Soles (umgerechnet: 43 Euro) alle zwei Monate. Eine Bedingung, das Geld zu erhalten, ist auch, dass Familien ihre Kinder zwischen 0 und 5 Jahren zu Gesundheitsuntersuchungen bringen, die u. a. ihr körperliches Wachstum kontrollieren. Im gleichen Rahmen werden schwangeren Frauen Vorsorgeuntersuchungen zur Verfügung gestellt, daneben besuchten Jungen, Mädchen und Jugendliche zwischen 15 und 19 Jahren vor der Pandemie regelmäßig Bildungszentren.


Damit war es JUNTOS gelungen, die Armut zu lindern und die Rate der Gesundheitsuntersuchungen für Kinder unter 5 Jahren zu erhöhen. Die schwere chronische Unterernährung wurde um 8 bis 13 Prozentpunkte reduziert und die Körpergröße um 0,13 Standardabweichungen bei Kindern unter 5 Jahren erhöht (Sánchez und Jaramillo, 2012; Sánchez et al., 2016).


Am 28.05.2021 wurde dem Programm im Rahmen der Pandemie 46,7 Mio. S /. zur Unterstützung und Stärkung der frühkindlichen Entwicklung genehmigt. Teil der Aktion ist die Mithilfe bei den frühkindlichen Impfung und Eisensubstitution von Kindern unter 24 Monaten.


Bewegungsmangel, Junk-Food, zuckerhaltige Getränke, Armut und mangelnde Bildung machen dick
Gelatinas
"Gelatinas" und andere süße bunte Produkte

Grundsätzlich ist die Auswahl an stark verarbeiteten Nahrungsmittel in peruanischen Supermärkten noch relativ gering im Vergleich zu dem riesigen Angeboten von Fertigprodukten in Deutschland, aber nehmen in den letzten Jahren immer mehr zu. Die Peruaner essen gerne süß. So enthalten viele Lebensmittel noch mehr Zucker als ich es aus Deutschland gewohnt war. Ganz nach nordamerikanischem Vorbild besteht Brot fast nur aus Weißmehl, findet man mal eines was sich "integral" nennt, da es ein wenig Leinsamen, Kleie o. ä. enthält, steht Zucker relativ weit oben in der Zutatenliste. Sehr viele Lebensmittel sind auch mit Konservierungsstoffen angereichert , die in Deutschland bereits selbstverständlich ohne sind, wie z. B. Joghurts, Marmeladen und Säfte, was mitunter daran liegen mag, das hier viele Haushalte noch immer ohne Kühlschrank funktionieren müssen.

Brot Peru
Verkauf von artesanalem Brot auf dem Markt

Bereits heute geben bereits ein Drittel der Peruaner an, an einer Krankheit wie Laktoseintoleranz, hohem Cholesterinspiegel, Bluthochdruck oder Diabetes zu leiden. Der Gang zum Facharzt ist dabei normalerweise nicht an der Tagesordnung. Frauen seien in der Regel körperlich weniger aktiv als Männer.

Die achteckige Lebensmittelkennzeichnung

In Peru sind neben Zigaretten auch die Etiketten von alkoholischen Getränken schon lange mit Warnhinweisen bedruckt: „Tomar bebidas alcohólicas en exceso es dañino":„Übermäßiges Trinken von alkoholischen Getränken ist schädlich."


Seit Juni 2019 müssen in Peru nun auch alle industriellen Lebensmittel auf ihren Verpackungen mit Warn-Achtecken gekennzeichnet werden, wenn ihr Gehalt die vom Gesundheitsministerium (Minsa) festgelegten Parameter für Salz, Zucker und gesättigte Fettsäuren überschreitet oder Transfette enthält.

Unter den Oktogonen, die sich auf einen hohen Fett-, Zucker- oder Salzgehalt (Natrium) hinweisen steht „Vermeiden Sie den übermäßigen Verzehr.“ Bei dem Achteck, das sich auf Transfette bezieht, lautet die Unterschrift sogar „Vermeiden Sie den Verzehr“. Mit Hilfe dieser Warn-Achtecke soll der Verbraucher fundierte Kaufentscheidungen treffen können.

Um herauszufinden, ob die Verbraucher tatsächlich ihre Essgewohnheiten aufgrund der Etiketten ändern werden, wurden Umfragen durchgeführt. Die peruanische Zeitung Gestión schreibt am 25/04/2019, das laut einer Studie (von Axer Consultores) 63% der Verbraucher in Lima bestätigten, dass sie den Verbrauch der gekennzeichneten Lebensmitteln reduzieren werden, während 21% sogar ganz aufhören wollten, sie zu konsumieren.

"Frei von Achtecken"

Und schon war die Geschäftsidee geboren, in Magdalena un San Isidro entstanden die ersten Geschäfte, die Lebensmittel "frei von Achtecken" anbieten.

Dort bietet man mehr als 400 Produkte mit den speziellen Eigenschaften: biologisch, fett- und zuckerarm, glutenfrei, mit "Zutaten natürlichen Ursprungs für eine ausgewogene Ernährung" an.


Bio in Peru?

In Supermärkten und Geschäften in den ländlicheren Gegenden werden kaum organisch produzierte Lebensmittel angeboten, die Kaufkraft und auch das Bewusstsein hierfür ist noch zu gering. Dem gegenüber stehen die Bevölkerungsschichten, die in den reicheren Teilen Limas leben. Aber auch dort hat es eine Zeit lang gedauert bis das Bewusstsein zunahm. Am bekanntesten ist die Bioferia in Miraflores, die bereits über 20 Jahre alt ist.


Nicht nur in Lima, auch in den Provinzen Perus sind in den letzten Jahren eine andere Art von Läden wie Pilze aus dem Boden geschossen. Sogenannte "Bio Naturistas" verkaufen Fertigprodukte wie Pulver, Getränke, Kapseln, Shakes und andere nutritive Produkte, Öle, Säfte und Kosmetik aus den peruanischen Superfoods.

Jetzt zur Coronazeit entstehen auch immer mehr Seiten im Internet über die man Bio- Produkte beziehen kann.








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